Medizinstudent und
Organisator der Operationen
Als unser Interplast-Team während der Einsätze 2015 bis 2019 an den Sonntagen durch das schöne Umland von Goma chauffiert wurde, sahen wir in vielen Dörfern gelähmte Männer auf den Straßen herumrutschen und betteln, denen niemand ein paar Beinschienen und Krücken – oder einen Rollstuhl – spendierte.
Diese Ärmsten der Armen, die ohne eigene Schuld in den Dreck der Straße verdammt sind, gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Ihre Mütter hatten ihnen die Polio-Schluckimpfung verweigert „weil die Weißen damit die Schwarzen ausrotten wollen“ und die von Mythen durchzogene Gesellschaft des Kongo glaubt dann „dass deren Mutter mit dem Teufel geschlafen habe“
Da ich 2024 für das REHEMA-Hospital einen großen Container mit Betten und Geräten in China bestellte, kaufte ich gleich 30 Rollstühle (für $100) und Beinschienen ($50) und Krücken ($5) mit. Eine schnell gegründete 5. Organisation der Behinderten (dass Zusammenarbeit stärker macht, geht auch nicht in deren Köpfe hinein) ADHC mietete ein Haus für eine Werkstatt für Beinschienen und Bein-Prothesen, und kümmert sich seither auch um die längst mögliche operative Behandlung vieler Behinderter.
Pro-Interplast in Seligenstadt und die Lemperle-Stiftung in Kelkheim finanzieren diese Operationen an Hüften und Knien und Füßen seither dankbarerweise mit guten Erfolgen (siehe). Leider können den orthopädischen INTERPLAST-Teams aufgrund der umliegenden Rebellen Einsätze derzeit nicht zugemutet werden.
Text 20a: Real Madrid gegen Barcelona: Eines kann man den schwarzen Behinderten nicht nehmen: ihr ewig heiteres Gemüt und breites Lachen – und niemals Hadern mit ihrem harten Schicksal!
Text_20: David mit einem frisch eingegipsten Baby mit Klumpfüßen: in diesem Alter sind Bänder und Knochen noch formbar, sodass sie in einigen Wochen bis Monate mit wechselnden Gipsverbänden ohne Operation gerade gerichtet werden können.
Text_21: Die anderen haben angeborene Klumpfüße, die im Säuglingsalter nicht redressiert wurden, weil diese effektive Therapie bei den Landärzten des Kongo nicht bekannt ist.
Das andere sind die mit angeborenen Fehlbildungen wie Hüftkopf-Luxationen und Klumpfüßen, und die Dritten sind die vielen jungen Menschen nach Kinderlähmung (Polio), deren Beine in Metallschienen stecken und beim Gehen nach vorne geworfen werden.
Bei uns werden Klumpfüße kurz nach der Geburt in Gips oder Plastikschienen begradigt und alle anderen Patienten möglichst frühzeitig operiert. Darum denken wir auch an jährliche orthopädische Interplast-Teams und ein eigenes 2. Stockwerk für Orthopädie, da es in Goma nur eine einzige funktionierende Abteilung für solche Operationen gibt.
Text_27: Beiden jungen Menschen haben wir eine doppelte Unterschenkel-Amputation mit optimaler Prothesen-Versorgung angeboten: Den Mut zu einem anderen Leben im Stehen und Gehen hatten sie aber nicht und entschieden sich für einen Rollstuhl ! Wären die Rollstühle in Goma nicht so teuer wie bei uns – wäre Goma wohl die Rollstuhlfahrer-City Afrikas: fast alle doppelt Gelähmten hätten sich und würden sich noch für einen Rollstuhl entscheiden.
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Text 60: Fast in jeder Woche erreicht uns ein ähnlicher Clip aus der Umgebung von Goma, der auch Erwachsene zeigt, die schon seit ihrer Geburt oder seit ihrer Kinderlähmung mit 3-5 Jahre, auf dem Boden herum rutschen, weil ihre Eltern kein Geld für Beinschienen und Krücken (ca. $500) oder einen Rollstuhl ($600) ansparen können - und die reichere Umgebung das Wort "Mitleid" nicht in ihrem Vokabular hat.
Wie kann man vor diesem unverschuldeten Elend die Augen verschließen oder mit einer Spende von 200€ für einen Rollstuhl oder vorgefertigten Beinschienen und verstellbaren Krücken aus China diesen tapferen Menschen zu einem Leben auf unserer Augenhöhe verhelfen?
Text 61:
Leider kostet eine Palette aus China noch einmal soviel für Transport und Bestechungsgelder an Zöllner und beteiligte Beamte - - aber am Ende sind es ein Drittel der Kosten dieser Geräte vor Ort.
Mit 5 politisch engagierten Behinderten (siehe Bild mit mir hinten in der Mitte) hatte ich am 20.3.2023 eine Organisation gegründet : ADHC
Bei 5 Interplast-Germany Einsätzen in Goma, DRCongo, zwischen 2015 und 2019, lernten wir auch eine Gruppe von 6 jungen Polio-Gelähmten, die "Power-Boys", kennen, die der damalige Bischof der Nazarener, Reverend Balibango, von der Straße aufgegriffen hatte, wo sie ihr Leben mit Klein-Diebstählen und Betteln fristeten, weil sie von ihren Familien "als Last" verstoßen wurden. Er sorgte dafür, dass sie im "Dr. Zanner-Institut", einer deutschen Schule eines Missionsdirektors aus Bad Homburg, das Abitur bestanden, aber jetzt kein Geld für ein Studium hatten.
In der kongolesischen harten Gesellschaft gelten Gelähmte immer noch als Ausgestoßene, weil „ihre Mutter mit dem Teufel geschlafen habe“ und sie einen bösen Geist in sich tragen. Dabei sind die Mütter schuld an ihrem Leiden, weil sie ihnen die Polio-Impfung verweigert hatten, „weil die Weißen damit die Schwarzen ausrotten wollen“. Der Kongo ist noch voll von diesen alten Mythen.
1. Meine Familie finanzierte das Studium der 6 Power Boys mit je $5000-$10,000. Sie sind heute Medizinstudent, Gesundheits- oder Zoll-Beamter, Schuhmacher, NGO-Berater, und Rechtsanwalt und haben als Studierte Aussicht auf ein besseres Leben im Kongo. Bis dahin hatten sie in einer selbst gebauten Hütte gelebt und vorwiegend Maniok (die Tropenkartoffel) und Bananen angebaut.
5 der 6 Power Boys studierten - hier "Public Health" - einer lernte Schuhmacher
2. Ihr Beispiel verbreitete sich wie ein Lauffeuer in Goma und später auch in weit entfernten Städten wie Kindu und Lubambashi, sodass wir derzeit mehr als 80 Studenten und Handwerker mit Kinderlähmung oder Amputationen durch Kriegseinwirkungen mit neuen Beinschienen, Beinprothesen oder Rollstühlen versorgen. Mit „wir“ meine ich meinen ältesten Sohn Martin, der in großzügigster Weise die Finanzierung der Studiengebühren oder Einrichtung von Handwerksbetrieben oder Kleingeschäften übernommen hat.
Die Ärmsten dieser Armen sind jedoch diejenigen, die als beidseitig Gelähmte auf den Dörfern leben, wo sie kein Geld für Krücken, Beinschienen oder gar einen Rollstuhl bekommen, sondern seit ihrer Kinderlähmung-Infektion im Alter von 3 bis 5 Jahren auf dem Boden herumrutschen und sich als Bettler ihr dürftiges Leben „verdienen“.
Als ich diese Bilder sah, die der Power Boy David, der einmal Orthopäde werden möchte, aufnahm, bestellte ich sofort in China 20 Rollstühle, wo sie $130 kosten statt $ 600 in Goma, und ließ sie mit dem Container für die Inneneinrichtungen des REHEMA-Hospitals nach Goma bringen.
3. Das Hauptanliegen dieser Polio-Gelähmten ist jedoch weniger ihr armseliger Lebensunterhalt, sondern die Anerkennung als gleichberechtigte und sozial integrierte Mitbürger. Natürlich gibt es unter ihnen genauso viele Intelligente und engagierte Köpfe wie unter den Gesunden. So haben Elisha und Prince bereits 2 kleine Organisationen „Accessibility and Disabled Inclusion“ (ADI) und „Voice of the African Child“ (VAC) gegründet, die aber an chronisch finanzieller Unterstützung leiden, weil im Kongo das Wort Empathie mit den Ärmeren unbekannt scheint.
Da sich aber die ersten 5 Engagierten nicht auf eine Organisation einigen konnten, die nicht nur in Goma aktiv werden sollte, sondern auch ein anerkannter Partner mit finanziellem Hintergrund bei deutschen Stiftungen für eine dauerhafte Unterstützung nach meinem Ausscheiden aktiv bleiben sollte, gründeten die 3 Mitglieder Pascal Niyonzima (Betriebswirt), Jackson Byenda 1(IT-Spezialist) und David Mbavu (Medizinstudent) im September 2023 die Organisation „Action et Developpement des Handicapes au Congo“ (ADHC).
Diese 3 Aktiven haben zunächst eine Behindertenwerkstatt für Beinschienen, Bein-Prothesen und Rollstühle etabliert und Jackson (links) überweist die Studiengebühren im Kongo.
Die neue Behinderten Werkstatt der ADHC in Goma, in der vorwiegend Beinschienen und Prothesen hergestellt werden.
Jospin, gelernter Prothesenmacher mit seinem sparsamen Werkzeug.
Moderne leichte Plastik-Schienen für $30 und $100 aus China, statt für $300 und $ 600 im Kongo…können die schweren, oft brechenden Metallschienen ersetzen